Kanada: Das Revier der Könige

Die Spin-o-Glo gibt es in verschiedenen Ausführungen und Farben.

Einmal im Leben einen kampfstarken Königslachs zu fangen, ist ein Traum. Gregor Bradler hat ein Gebiet gefunden, wo man sich diesen Traum erfüllen kann: die Region um den Skeena River in Kanada. Dort stehen die Chancen auf einen King bestens, aber die Gewässer haben noch viel mehr zu bieten.

Gerade habe ich den Blick von der Rute angewendet und bewundere die herrlich wilde Flusslandschaft des Skeena Rivers, als Stefan plötzlich ruft: „Biss, Biss!“. Ich springe auf und stürze zur steil am Flussufer aufgestellten Rute. Zunächst bekomme ich sie kaum aus dem Halter, weil der Druck so groß ist. Aber nach einem Augenblick gelingt es mir und ich setze den Anhieb. Allerdings kann ich die Rute nicht vorbildlich nach oben führen – auf halber Strecke ist sie schon bis ins Handteil gekrümmt. Und es handelt sich nicht um einen weichen Stock fürs leichte Spinn- oder Grundangeln, sondern um eine stabile 30 lb-Rute.

Beim Ansitzangeln auf Königslachse legt man die Rute aus. Dann heißt es warten.

Die fest eingestellte Bremse meiner von zu Hause mitgebrachten, stabilen Stationärrolle kreischt auf. Immer schneller wird die 0,35er Geflechtschnur von der Rolle gerissen. Ich merke, wie die Spule heiß wird und sehe, wie der Schnurvorrat in rasantem Tempo dahinschmilzt. Schlagartig wird mir klar, warum Fishing Lodge-Mitbesitzer Willi, der heute auch unser Guide ist, zu Beginn des Angeltages die Stationärrolle abfällig als „schlappe Kaffeemühle“ bezeichnete. Aber nun ist es zu spät, um auf eine von den Einheimischen verwendete Multirolle umzusteigen. Ab und zu kann ich ein paar Kurbelumdrehungen Schnur gewinnen, die mir im nächsten Moment aber wieder von der Rolle gerissen werden. Der Fisch nutzt die Hauptströmung des Flusses und schießt immer weiter davon.

Beim Drill eines Königslachses wird dem Angler alles abverlangt.

Willi holt das Boot, ich springe auf die Plattform am Heck, und wir fahren meinem Gegner entgegen. Endlich bekomme ich Schnur auf die Rolle. Aber als wir über dem Fisch sind, ist der Kampf noch nicht entschieden: Immer wieder flüchtet mein Gegner und nutzt die starke Strömung des Skeena. Vom Boot aus bekommen wir ihn nicht gekeschert, also dirigiert Willi Boot und Fisch zu einer nahegelegenen Kiesbank. Dort gelingt es uns schließlich, den Fisch in den überdimensionalen Kescher zu dirigieren. Es ist geschafft: Mein erster Königslachs liegt in den Maschen des Netzes. Solch einen Drill habe ich beim Angeln im Süßwasser noch nicht erlebt. Willi schätzt den Königslachs auf 40 Pfund und so steht mir beim anschließenden Fototermin die nächste Kraftprobe bevor.

Der Fisch der Träume: Ein knapp 40-Pfündiger Königslachs aus dem Skeena River ist bezwungen.

Nachdem die Fotos im Kasten sind, bin ich erst einmal ziemlich fertig. Während wir im Boot zurückfahren, erzählt Willi mir, dass mein 40-Pfünder schon ein guter Fisch sei, der größte, im Skeena mit der Angel gefangene Königslachs aber knapp 100 Pfund auf die Waage brachte. Wie mag bloß solch ein Schwergewicht kämpfen? Wer sich mit dem König der Lachse, von den Einheimischen auch Chinook, Spring oder King genannt, anlegen will, hat am Skeena River bei der Stadt Terrace im Nordwesten der kanadischen Provinz British Columbia beste Chancen. In den Monaten Mai, Juni und Juli steigen die großen Salmoniden den Skeena River hinauf, um dort oder in den Nebenflüssen zu laichen. Die am häufigsten eingesetzte Methode ist das Grundangeln mit Spin-o-Glo und Lachseiern. Als Gewicht verwendet man ein 8 bis 10 Unzen (240 bis 300 Gramm schweres Blei), das an einem Seitenarm angebracht ist. Das hört sich grob an, ist aber notwendig, um den Köder in der harten Strömung am Platz zu halten. Auf dem Vorfach läuft der Spin-o-Glo. Das ist ein mit Flügelchen ausgestatteter Körper, der im Wasser rotiert und Schallwellen aussendet. Am großen widerhakenlosen Greifer befestigt man einen Strang Lachseier.

Bunte SpinOGlos drehen sich beim Angeln in der Strömung um die eigene Achse. In Verbindung mit Strang Lachseier am Haken und Grundbleie bis 300 Gramm bringen sie die Kings ans Band.

Provozieren lautet beim Angeln auf Königslachs die Devise. Denn bei ihrem Aufstieg fressen die Fische nicht. Der Spin-o-Glo und die rot gefärbten Lachseier wecken bei den Fischen Aggressionen. Sie wollen den Störenfried „wegbeißen“ – und hängen dann am Haken. Die Angelei mit dem Spin-o-Glo und starkem Gerät ähnelt der Fischerei auf Wels mit Köderfisch oder Pellets, allerdings haben die Fische deutlich mehr Power als die Bartelträger.

Die Spin-o-Glo gibt es in verschiedenen Ausführungen und Farben.

Man befördert den Köder an eine interessante Stelle, etwa an eine Strömungskante oder ein tiefes Loch im Flusslauf. Dann wird die Rute entweder im Boot oder am Ufer steil aufgestellt und das Warten beginnt. Wichtig ist, dass man die Zugrouten der Fische ausfindig macht. Und diese Routen können von Jahr zu Jahr variieren, weil sich der Flusslauf des ungezähmten Skeena von Jahr zu Jahr ändert. Auch der Wasserstand beeinflusst, die Standorte bzw. die Wanderwege der Kings. Deshalb ist es zu empfehlen, die Hilfe eines Guides in Anspruch zu nehmen. Diese Angelführer kennen die Reviere wie ihre Westentasche.

Unmittelbar in der Nähe liegen die vier großen Flüsse Terrace, Skeena River, Kitimat River und Prince Rupert. In ihren Fluten warten kampfstarke Fische, die dem Tackle und Angler alles abverlangen und einem ein breites Grinsen über die lippen „zauber“.

Das Angeln mit dem Spin-o-Glow ist aber nicht die einzige Technik für den Fang von Königslachsen. Auch beim Schleppen mit Hot Shots bringt Bisse. Dabei werden bauchige, mit Geräuschkapseln ausgestattete Wobbler in der Strömung präsentiert. Man schleppt die Köder aber nicht auf herkömmliche Weise, sondern lässt sie in der Strömung voraustreiben und lässt sich mit Hilfe des Bootsmotors verzögert den Fluss heruntertreiben. Eine weitere Erfolg versprechende Techniken ist das Bottom Bouncing. Hierbei wird der Grund mit Hilfe eines länglichen Bleies oder eines Tiroler Hölzls abgeklopft. Als Köder werden Lachseier, Fliegen oder Spin-o-Glows montiert. Auch beim Jiggen mit Federjigs und Spinnfischen mit mit Blinkern werden die Salmoniden überlistet. Für Fliegenfischer ist der Fang eines starken Königslachses ein ganz besonderes Drill-Erlebnis. Man benötigt eine Einhand- oder Zweihand-Fliegenrute der Klasse 10 oder 11 und Sinkschnüre, die eine Köderpräsentation in Grundnähe ermöglichen. Marabou-Fliegen in Schwarz , Blau, Lila, Chartreuse und Kombinationen dieser Farben mit Glitter haben sich bewährt.

Nicht nur im Skeena, auch im Kitimat gibt es Königslachse.

Weil sich der Königslachsaufstieg momentan in Grenzen hält, fragt Willi, ob wir am nächsten Tag einen Trip zum Meeresangeln auf dem Pazifik unternehmen möchten. Ich bin begeistert von der Vielfältigkeit der Angelmöglichkeiten, verspüre außerdem einen leichten Muskelkater im Bizeps, der vom Drill des Königslachses herrührt und sage sofort zu. So fahren wir am nächsten Morgen mit unseren beiden Meeres-Guides Randy und Adam in das knapp zwei Autostunden entfernt gelegene Prince Rupert und stechen von dort aus in See. Das Meer ist herrlich ruhig und wir fahren in ein Gebiet, das einem norwegischen Fjord ähnelt, nur dass die hohen Bäume hier bis ans Wasser reichen.

Schlag auf Schlag auf dem Meer. Silberlachse stürzten sich reihenweise auf die geschleppten Köder.

Randy, der das Boot steuert, sagt lächelnd zu mir: „Wart’s ab, in 20 Minuten haben wir unseren ersten Lachs.“. Und wirklich, kaum haben wir die Köder, Heringe am System, vor die ein Flasher geschaltet ist, am Downrigger zu Wasser gelassen und das Schleppen begonnen, sind die Knüppel krumm. Silberlachse (Cohos) und Buckellachse (Pink Salmons) knallen reihenweise auf die Köderfische. Bootsmann Adam hat alle Hände voll zu tun: Wir kommen zeitweise gar nicht dazu, mit drei Ruten gleichzeitig zu schleppen. „Jetzt stehen Cohos und Pinks hier gerammelt, um in den Skeena River und in die anderen Flüsse aufsteigen zu können“, erklärt Randy. Ein Blick auf das Echolot bestätigt seine Einschätzung: Das Display ist voll mit Fischsignalen.

Voll mit Fisch. An der Küste stapelten sich die Lachse.

Nach einiger Zeit ist Randy der Meinung, dass wir genügend Spaß mit den Lachsen hatten und verkündet eine Planänderung: „Jetzt fangen wir uns noch schnell einen Heilbutt.“ Schnell ist gut, denke ich mir, schließlich weiß ich von meinen Reisen nach Norwegen, dass man einen Heilbutt nicht mal eben nebenbei fängt. Aber Randy ist zuversichtlich und zeigt mir auf der Seekarte eine nicht weit entfernt gelegene Stelle. „Hier ist ein Top-Platz, dort hat mein Vater schon immer Heilbutts gefangen.“ An der besagten Stelle angekommen, lasse ich den mit einem Stück Lachs garnierten Pilker zum Grund in 60 Meter Tiefe. Und nach dem zweiten Ablassen ist meine Skepsis verflogen, denn ich habe einen Heilbutt gehakt. Der Räuber bringt etwa 30 Pfund auf die Waage. Kurze Zeit später kommt der nächste Heilbutt ins – kein schlechtes Ergebnis für zwei Stunden Heilbuttangeln „nebenbei“.

Kein langes Warten: Dieser etwa 30 Pfund schwere Heilbutt knallte schon nach kurzer Zeit auf den Köder.

Königslachs und Heilbutt in zwei Tagen – besser kann es gar nicht werden, denke ich mir. Aber weit gefehlt: Maurice, deutschstämmiger Guide bei der Skeena Salmon Lodge in Terrace, ist kein großer Fan des Ansitzens auf Königslachse, das er scherzhaft als „Bleiklumpenangeln“ bezeichnet. „Komm doch mal mit auf eine Drift-Tour auf den Kitimat River.“ Da kann ich nicht Nein sagen. Am nächsten Tag lassen wir uns mit einem leichten Driftboot den Kitimat herunter treiben. Die Natur ist umwerfend: Es geht durch wilde Wälder, schnelle Rauschen, vorbei an umgestürzten Bäumen und hinweg über tiefe Pools. Imposante Weißkopf-Seeadler fliegen über unsere Köpfe hinweg.

Unberührte Natur am Kitimat River.

Wir fischen mit den schon erwähnten Hotshots und nach kurzer Zeit kann ich einen zähnestarrenden Hundslachs fangen. Auch Buckellachse vergreifen sich reichlich an unseren Wobblern. An interessanten Stellen halten wir an und fangen mit rosafarbenen Federjigs einen Buckellachs nach dem anderen.Die Uferzonen sind teilweise schwarz vor Fischen. Auch der eine oder andere Königslachs ist dabei.

Die Buckellachse steigen in großen Mengen im Kitimat auf – und lassen sich mit der Fliege überlisten.

Am Ende dieser Tour steht für mich fest: Ein so vielfältiges Revier wie das Gebiet um den Skeena River habe ich noch nicht befischt. Mein Traum vom Königslachs hat sich erfüllt. Aber auch neue Wünsche haben sich hier entwickelt: Etwa nach einem Rotlachs oder einer Steelhead, die etwas später im Jahr kommen. Und auch Gerüchte um große Störe im Skeena halten sich hartnäckig. Es gibt also noch ein paar Gründe zurückzukehren an die Ufer dieses Paradies der unendlichen Möglichkeiten. [box_image_title imageurl=“/content/uploads/23861/Lodge.jpg“ title=“Auf Angler spezialisiert“] Die Skeena Salmon Lodge unweit von Terrace ist die ideale Unterkunft für Angler, die Skeena-Region befischen wollen. Die Lodge bietet Zimmer und Appartements, bzw. Blockhütten in familiärer Atmosphäre sowie fachkundiges Guiding. In der Lodge wird deutsch gesprochen. Info und Buchung: Kingfisher Reisen Pastor-Klein-Straße 17/ Haus A 56073 Koblenz Tel. 0261- 915540 Fax 0261- 9155420 www.kingfisher-angelreisen.de [email protected] oder Marcel Schneider Tel. 0041-797541603 www.canada-flyfishing.com [email protected] [/box_image_title]


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