Angeln auf Hecht: Ein Fangreport von Steve Reuter

Der Urlaub zum Jahreswechsel 00/01 stand an. Mein erster Gedanke war: Fischen gehen!! Im Gegenteil zu vielen anderen Anglern, freue ich mich regelrecht auf die kalte Jahreszeit. Wenn Sie ihre Angelgeräte schon eingemottet haben, laufe ich zur Höchstform auf. Die kalte Jahreszeit hält nämlich einige gewichtige Überraschungen bereit.

Trotz des kalten Wetters dauerte es nicht lange Freund Ulf zu überzeugen, eine kleine Tour zu den Boddengewässern rund um Rügen zu machen. Auch er hat ein Fabel für das brackige Wasser entwickelt. Allein schon der Gedanke an einen atemberaubenden Drill lässt uns die kalten Temperaturen vergessen. Die Wetterprognosen waren gut. Windstärken um die 3, ein paar Wolken und etwas Sonne sollten uns ideale Vorraussetzungen bieten. Solch gute Vorhersagen motivieren einen auf das höchste. Wer des Öfteren dort fischt weiß, dass das meist schon die halbe Miete ist. Am Wasser angekommen übertrafen Wellengang und Wind unsere kühnsten Erwartungen.
Es war glatt wie ein Kinderpopo. Man konnte selbst der Sonne einige Pigmente entlocken. Da wir aber nun mal nicht wegen der Sonnenbräune den weiten Weg bis in den hohen Norden Deutschland gemacht hatten, galt es möglich schnell in Fischgründe zu kommen. Fisch war das, was wir wollten!! Trotz des guten Wetters aber hatten die Hechte scheinbar eine Fresspause eingelegt. Das klare Wasser schien den Hechten die Augen zu öffnen, so dass sie den Braten schon von weitem zu riechen schienen. Zu Anfang noch interessiert an unseren Ködern, drehten sie nach einigen Augenblicken vom Köder ab und verschwanden in der Tiefe. Bis Mittag hatten wir einen massigen.. mehr nicht. Sonst gängige Farben, wie Schwarz-weiß oder Chatreuse zeigten uns dieses Mal unsere Grenzen auf. Der sonst so fängige 18er Mag in Gold-Orange wollte einfach nicht in einem Hechtmaul hängen bleiben. Selbst Hot Spots, sie sonst immer für ein oder mehrere Fische gut waren, zeigten uns den Finger. Auch der Blinker versagte, welcher schon aus so manchen Nöten half. Mit Sicherheit konnte ich aber sagen, dass Fische dort waren. Ein Echolot kann nicht lügen, es zeigte eindeutige Sicheln unter unseren Boot. Hier hatte die Technik nicht versagt, sondern die Fische lebten wieder mal eine ihrer berühmten Macken aus. Ulf und auch ich waren am Ende mit unseren Latein. Wer solch einen Punkt erreicht, kann einpacken und nach Hause fahren oder man beißt die Zähne zusammen und strengt die grauen Zellen an. mehr Köderinformationen…..mehr Köderinformationen.
Die Sache lag klar auf der Hand. Es war eine Frage des Köders. Die ultimative Täuschung musste her. Da Freund Ulf ein kleiner Kunstköder-Fetischist ist und Wobbler und Gummis wie Zollstöcke sammelt, ist er auch immer für einige Neuigkeiten in seiner Köderbox gut. So das wir mit Neugier seine Boxen aufs Intensivste durchstöberten. Und siehe da!! Kurz darauf hielten wir zwei wunderschöne Köder der so genannten neuen Generation in der Hand. Ulf wählte einen Wobbler, den er liebevoll „Ernie“nannte. Ich für meinen Teil dachte: Oh Gott, jetzt gibt er seinen Wobblern schon Namen!!. Aber das gute Stück hieß so. Obendrein sah er auch noch originalgetreu wie ein Barsch aus. „Der ist aus Übersee“, sagte er: „Der fängt bestimmt.“ Meine Wahl fiel auf einen Gummifisch, der sogar Flossen hatte. „Swim Bait“hieß er und ließ eine Menge hoffen. Mit goldigem Glanz ahmte auch dieser einen Barsch nach. Ich dachte: „Wenn der so läuft, wie er aussieht, kann das ja nur gut gehen.“ Gleichzeitig pfiffen nun unsere Köder in Richtung Abbruchkante. Gleich nach dem Aufschlagen der Köder begann Ulf zu kurbeln. 10, 15 Umdrehungen weiter schrie er: „Fisch!! Wo ist der Kescher?“ Das Problem in diesen Moment war aber, dass sich meine Rute zufälliger Weise auch krümmte. Nach dem Kescher anstehen war also angesagt. Der Barsch hatte sie also überzeugt. In weniger als zwei Minuten waren zwei dicke Hechte an Bord. Unsere Hechte waren an diesen Tag also kleine Gourmets!!
Nun kam auch der Satz, auf dem ich den ganzen Tag gewartet hatte. „Hätten wir doch gleich die Dinger an die Rute gehangen. Da hätten wir jetzt schon mehr.“ Mal ehrlich. Keiner würde ohne jeglichen Grund von den sonst gängigen Ködern absehen, wenn solche Situationen einen keine Wahl ließen. Getreu nach dem Sprichwort: „Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht:“ Man will ja immer auf Sicherheit gehen. Also greift man immer wieder auf seine Dauerbrenner zurück. Ebenfalls offenbart die Köderbox in der Regel Stücke, von deren Fängigkeit man nicht überzeugt ist und somit eher Rost ansetzten, als das sie an der Rute hängen. Man hat sie gekauft, weil man sich von Ihm einiges verspricht oder weil erschön aussieht.
Dennoch gibt man seinen Favoriten meist den Vorzug. Sie haben ja schließlich schon oft den drohenden Schneider abgewendet. Dasselbe Drama spielt sich auch mit neuen Wobblern, Gummis oder Spinnern auf dem Markt ab. Bevor man einen solchen wabbelnden Gummifisch sein Vertrauen schenkt, hängt man doch lieber seinen bewährten Blinker ran. Hätten wir nicht aus Verzweiflung zu neuen Ködern gegriffen, wären wir sicherlich mit einem bitterbösen Schneider belohnt worden. Ulf`s Liebe zum Neuen war mal wieder der Schlüssel zum Erfolg. Das beweist wieder mal, dass man immer etwas Mut zur Experimentierfreudigkeit haben sollte. Unsere heiß geliebte Beute hat auch zwei Augen im Kopf. An Tagen, an denen die Fische nicht so leicht zu überlisten sind, können dann nur noch exzellente Imitate eine gewisse Überredungskunst ausstrahlen. Das bestimmte Merkmal, welches den Bissreiz auslöst, können vielleicht denn nur sie besitzen. Mit immer moderneren Techniken der Herstellung ermöglichen sie eine immer bessere Nachahmung ihrer Originale und immer gezieltere Einsatzweisen.
Form und Laufverhalten sind perfekt nachgestellt. Hecht & Co werden also maximal getäuscht. Sicher gibt es auch hunderte andere Faktoren und Kriterien die es beim Fischen zu beachten gilt, um die Fische zu überlisten. Dennoch sollte man stets beim richtigen Köder anfangen. Wenn in Amerika ein neuer Kunstköder auf den Markt kommt, kann man sicher sein, dass dieser ausführlich getestet wurde. Da ist Aussehen und Form nun mal sehr wichtig. So das in Sachen Wobbler & Co bei dortigen Herstellern mehr auf die Wünsche der Räuber geachtet wird, als auf die der Angler. Was der Muskie zum Fressen gern hat, wird unseren Hecht sicherlich auch gefallen. Und was mir gefällt, muss Meister Esox & Co noch lange nicht gefallen. Also vertrau ich lieber deren Erfahrungen. Manch einer wird jetzt sagen, das manchen Tagen selbst eine Socke genügt, um ein Hecht an die Rute zu bekommen. Wer aber regelmäßig dort fischt, weiß es aber besser. Auch ich werde in Zukunft die Augen mehr aufhalten, wenn ich am Kunstköderregal vorbei schlendere. Ja gut, sicherlich sind solche Köder in der oberen Preisklasse angesiedelt. Der Fang eines Traumfisches gibt ihnen dann aber recht. So auch Mister „Ernie“ und unser „Swim Bait“, denn 119 cm und 107cm können nicht lügen. Null-Nummern kann man mit ihnen auch nicht vermeiden. Trotzdem lassen sich damit die Chancen auf einen Schneidertag erheblich senken. Denn auch Räuber wollen mal was Neues und lieben die Illusion!!
von Steve Reuter


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