Normaler Weise sind 2 Wochen ja nicht unbedingt lang, aber es gibt Leute, für die ist das wie eine Ewigkeit. Einer davon ist mein Nachbar Kalla. Er ist leidenschaftlicher Angler.
Sein Zielfisch: Raubfisch!
Vor 10 Jahren baute er neben uns ein Haus und wir lernten uns natürlich kennen. Seitdem haben wir eine sehr Gute Nachbarschaftsbeziehung. Als ich ihm beim Einzug ein wenig unter die Arme half, stieß ich auf seltsame Kisten, die mit Hecht und Zanderaufklebern versehen waren. Als ich ihn darauf ansprach, erkannten wir unser gemeinsames Hobby:
ANGELN!
Seitdem üben wir dieses auch regelmäßig zusammen aus.
Kalla ist 42Jahre alt, Braumeister und ein eingefleischter Raubfischangler. Ich habe selten einen Menschen gesehen, der so dem Angelsport verfallen ist, wie er. Das ganze Jahr ist er gut gelaunt und hat nur ein Thema. Fische! Das seine Familie dabei am Rad dreht interessiert ihn sehr wenig. Sobald er am Wasser ist und seine Köder auswirft, findet er seine Innere Ruhe und ist zufrieden
Aber wenn die Schonzeit anfängt, dann ist bei ihm Weltuntergangsstimmung. Er nimmt sich immer 2 Wochen vor der Hecht-Schonzeit Urlaub. Dann fährt er in diesen 2 Wochen jeden Tag zum Wasser. Aber wirklich jeden Tag. Bei Regen, Eis und Schnee, ihm völlig egal. Er nennt das immer den Akku noch mal voll machen. Seine Frau und die beiden Kinder haben in dieser Zeit nicht viel zu lachen. Um 6 Uhr morgens geht sein Wecker und wenn ich zur Arbeit fahre, ist Kalla schon eine Stunde am Wasser. Komme ich abends wieder, steht sein Wagen noch lange nicht vor der Garage. Er bringt es auch fertig bei 3 Grad minus die halbe Nacht auf Zander zu verbringen. Hauptsache seine Drillinge zischen durchs Wasser. Wenn dann die Schonzeit anfängt hat Kalla regelmäßig einen Krankenschein.
Die 2 Wochen Eiszeit haben sich wohl nachteilig auf seine Gesundheit ausgewirkt. Diese Zeit nutzt er dann um alle Angel-Hefte, von der Erstausgabe bis heute noch mal durch zu lesen. Wenn er dann wieder gesund ist, kommt die Familie auch zum Zuge. Dann geht er sogar mit seiner Frau zum shoppen. Auf der einen Seite freut sich seine Frau natürlich darüber, aber wenn Kalla im Nordseerestaurant eine halbe Stunde mit der Verkäuferin über das fangen von Forellen diskutiert, geht Sie dann doch lieber alleine. Aber Kalla hat ja noch seinen über alles geliebten Gartenteich. Ich weiß noch wie er vor 9 Jahren ankam und mir sagte, dass er einen Teich bauen möchte. Ich stimmte natürlich zu und dachte mir nichts dabei, denn so ein Teich verschönert ja einen Garten. Als dann Tags darauf ein Schaufelradbagger und drei Kipper vor der Türe standen, wunderte ich mich schon. Dann haben die erstmal drei Tage gebuddelt. Nach 7 Monaten war der Teich dann fertig und seine Frau aber auch. Gut, es ist wirklich sehr schön geworden und man könnte auch überlegen, anstatt die nächste Boddentour zu machen, zu Kalla zufahren, denn dort gibt es nicht viel weniger Wasser. Kalla hat einen Garten von 970 Quadratmeter und sein Teich hat satte 1300 Quadratmeter. Gut von Garten kann man nicht mehr sprechen, aber es ist schön. Im Frühjahr sind die Graugänse aus Afrika zu Gast und im Winter trainiert Anne Friesinger auf seinem Teich. Die restlichen 300 Quadratmeter liegen auf meinem Grundstück. Er hat sich leicht verplant und meinte, dass es mir ja auch gefallen würde. Von da an hat sich mein Bild vom Gartenteich Grundlegend geändert. Ich möchte auch nicht mehr von „Teich“ sprechen, denn kleiner See trifft besser zu. Mich würde es auch nicht wundern, wenn der Heimische Angelverein zum An-Angeln kommen würde. Der Besatz ist auch nicht unbedingt Gartenteich typisch. Zu seinen absoluten Lieblingen, zählt zum Beispiel sein Waller Knut, der es bis heute auf eine Stattliche Größe von 1,85m gebracht hat. Nicht zu vergessen das im Teich wenigstens 10 Hechte schwimmen, dessen Größe selbst Jürgen Haese und Uli Beyer vom Hocker holen würden. Stattliche Zander und Barsche komplettieren die Bewohner. Hier probiert er auch alle neuen Kunstköder aus. Selbst Tiefgang Wobbler kommen zum Einsatz. Bei einer Teichtiefe von 11m klappt das ja auch. Seit letztem Jahr befindet sich auch ein Boot mit Steganlage in seinem Besitz. Kalla ist schon ein verrückter Kerl.
In der Schonzeit sieht man Kalla jetzt fast jeden Tag mit seinem Boot auf dem Teich. Gestern testete er sein neues Echolot mit Seekartenplotter und fing erstmal ein paar Barsche beim Zocken. Das einzige Problem was er hat, sind die Weißfische. Irgendwie wollen die sich nicht vermehren meint er. Ob das wohl an den 900kilo Raubfischbesatz liegt, frage ich ihn. Aber er hat jetzt eine Lösung. Alle Friedfischangler in unserem Verein bringen ihren Fang jetzt immer mit zu Kalla. Vielleicht sehen wir ja auch bald mal wieder eine Ente, denn bis jetzt hat jeder Vogel der das Wasser betreten hat, sofort mit seinem Leben bezahlt. Selbst Kormorane meiden das Gebiet weiträumig. Sobald ein Lebewesen die Wasseroberfläche berührt, folgt darauf gleich eine Explosion. Deshalb wohl auch das Foto von Waller Knut, mit der Aufschrift:“ Hier wache ich“ an seinem Tor. Und jetzt zählt Kalla die Tage und freut sich schon auf den 1 Mai, denn dann hat das Warten ein Ende und er kann wieder den Hechten nachstellen. Seine Frau wird dieses Ereignis wohl auch begrüßen, denn ein Kalla im März ist der reine Horror.
Tja, so nah und doch so fern…
… Angelgeschichte von Markus Domhöfer