Schwer empfindlich

Die Montage beim Bolo­­gnese-Angeln in der Strömung wirkt widersprüchlich. Zum einen ist sie sehr schwer, zum anderen aber sehr sensibel. Henning Stilke hat sich von Marco Beck zeigen lassen, wieso es so sein muss und kein Widerspruch ist.

Ein schönes Rotauge
ist der Beweis, dass die Taktik von Marco Beck aufgeht.

Die Pose lieber mit etwas mehr Tragkraft und die Montage eher etwas schwerer. Solch eine Empfehlung zum Friedfischangeln mit recht feinem Geschirr? Aber genau so hat Marco Beck es gemeint. Denn beim Bologneseangeln besteht bei zu leichter Montage die Gefahr eines Rutenbruchs. Die Rute verkraftet einiges an Gewicht, aber was sie leicht übel nehmen könnte, ist ein Gewaltwurf mit zu wenig Gewicht. Dazu neigen aber Angler gelegentlich, wenn sie mit der Rute weiter auswerfen wollen, als es das Gerät zulässt. Besonders tückisch ist es, wenn sich durch aufkommenden Wind innerhalb kurzer Zeit die Situation verändert und man den zuvor mühelos erreichbaren Futterplatz nicht mehr anwerfen kann.
Es jetzt mit Gewaltwürfen zu versuchen, ist das Schlechteste, was man tun kann. Also, lieber von vornherein die Montage etwas schwerer halten, dann bekommt man den Köder auch bei veränderten Bedingungen immer noch weit genug hinaus. Weite ist schließlich das Thema beim Bologneseangeln. Dafür hat man die Rolle mit der Schnurreserve und damit ist man der Kopfrute ohne Rolle überlegen. Wo diese Methode ihre Stärken hat, demonstriert Marco gleich bei der Platzwahl an der Havel. Der Fluss hat einen breiten flachen Uferbereich und erst nach etwa 22 Metern kommt die Kante zur Schifffahrtsrinne. Genau an dieser Kante zum rund 4 Meter tiefen Wasser halten sich gerne die Fische bei der Nahrungssuche auf, und genau da muss auch der Futterplatz angelegt werden. Für eine unberingte Stipprute ist die Entfernung zu groß. Wieso auch die Matchrute mit Posenmontage hier nicht die gewünschten Möglichkeiten bietet, erfahre ich im Laufe des Ansitzes.

Taktik fürs Futterdreieck: Mit sieben Futterbällen wird ein Futterplatz in Form eines Dreiecks angelegt. Je nachdem, wie weit der Wurf ausfällt, kann man die Montage von verschiedenen Positionen aus ins Zentrum des Futterplatzes treiben lassen.

Das magische Dreieck

Den Futterplatz legt Marco mit gezielten Unterhandwürfen an, wobei er nicht alle Futterbälle genau an dieselbe Stelle auftreffen lässt. Er wirft sie so, dass die Einschläge der Bälle auf der Wasseroberfläche wie ein gleichseitiges Dreieck angeordnet sind, das mit einer Spitze in Strömungsrichtung weist (siehe Zeichnung nächste Seite). So muss nicht jeder Wurf mit der Rute zentimetergenau sein, auch wenn ein Wurf einmal kürzer oder länger gerät, lässt sich der Köder immer noch in das Zentrum des Futterplatzes dirigieren. Seine Fertigfuttermischungen hat er so gewählt, dass sie eine gute Bindekraft und einen hohen Anteil gröberer Partikel besitzen. Die Bindekraft ist wichtig, damit das Futter noch einen Anteil Lebendfutter aufnehmen kann und dabei fest genug bleibt, um nicht gleich an der Oberfläche aufzuplatzen. Die Partikel sollen die Lockwirkung des Futters erhöhen, indem sie zur Wolkenbildung beitragen und etwas weiter stromab treiben, um von dort Fische zum Platz zu führen.

Das Grundfutter hat eine hohe Bindekraft. Viele kleine Partikel erhöhen seine Lockwirkung, Maden, Caster und Mais sind die Leckerbissen in der Mischung.

Nächster Wurf, nächster Fisch

In das Grundfutter mischt Marco wohl dosiert Maden, Caster und rote Maiskörner. Rot übt nach seinen Erfahrungen in einigen Gewässern eine besondere Wirkung auf die Weißfische aus, deshalb also roter und kein gelber Mais. Diese Zusätze im Grundfutter dienen zugleich auch als Hakenköder. Marco fängt zurückhaltend mit drei Maden am 10er Haken an. Nach seiner Erfahrung muss man hier nicht lange auf Fische warten. Deshalb wirft er gleich nach dem Anfüttern auch den Köder aus. Der legt nur wenige Meter zurück, bis er in einem Fischmaul verschwindet. Eine nicht gerade riesige Güster, die sich da für die Maden interessiert hat. Aber wer will sich angesichts solch einer Fanggeschwindigkeit über die Größe des Fisches beschweren? Der nächste Wurf bringt den nächsten Fisch. Und damit hätten wir auch schon ungefähr die Fangfrequenz für die nächsten Stunden. Fast jeder Wurf bringt einen Fisch. Die Weißfische müssen gestapelt am Platz stehen. Noch ein paar Güstern und Rotaugen, dann sollten sich die größeren Brassen am Platz einfinden, so Marcos Vermutung. Er fängt weiterhin ununterbrochen, aber so richtig will die Durchschnittsgröße der Fische nicht steigen. Zeit, um einen näheren Blick auf die Montage zu werfen. Die Pose mit einer Tragkraft von 12 Gramm hat einen eiförmigen Körper und eine hohle Kunststoffantenne. Die Antenne ist leicht tragend, aber nicht so sehr auf Tragkraft ausgelegt wie bei stark verzögertem Angeln in der Strömung. Die Strömung ist hier nur mäßig, und der Köder wird treibend bis leicht verzögert angeboten. Die schwere Pose braucht nicht lange, um sich aufzurichten, sie steht immer wie eine 1 und ist bereit, den Biss anzuzeigen.

Die Pose wird an gespannter Schnur durchs Wasser dirigiert. Beim Bologneseangeln lässt sich der Köder auch auf Entfernung gut steuern.

 

Eine Kette aus Bleischroten verhindert, dass sich Schnur und Blei beim Auswerfen verfangen. Zugleich bietet sie verschiedene Möglichkeiten bei der Feinverteilung der Gewichte.

Die Bebleiung auf der Hauptschnur befindet sich in großer Distanz zum Bissanzeiger. Zwischen Pose und dem obersten Blei liegen rund 3,60 Meter. Bis zum Gewässerboden sind es 4 Meter. Die ganze Bebleiung befindet sich also im Bereich von 40 Zentimetern über dem Boden. Sie besteht aus dem Schwerpunkt, gebildet von mehreren großen Bleischroten und einer Kette kleinerer Bleischrote, die nach unten hin größere Abstände zueinander haben. Solch eine kettenförmige Anordnung von Bleischroten fliegt beim Auswerfen gestreckt und verhindert Verhedderungen. Weiterhin dominieren die kleinen Fische am Platz. Sie sind anscheinend immer schneller am Köder. Deshalb versucht Marco es jetzt mit einer Ködervergrößerung. Statt zwei kommen sechs bis sieben Maden an den Haken. Die Wirkung hält sich in Grenzen. Es beißt zwar unvermindert, aber die Durchschnittsgröße der Fische steigt kaum merklich. Nächster Versuch: Mais. Die Körner selektieren oftmals die größeren Fische aus, weil die kleinen die nicht schlucken können oder einfach nicht so interessiert sind an dieser Nahrung. Eine etwas größere Güster macht uns Hoffnungen, aber mit den nächsten Fängen pendelt sich das Format wieder bei der bekannten Größe ein.

Große Fische verhalten sich anders als kleine. Sie sind vorsichtiger und deshalb meistens nicht so schnell am Futterplatz, und oft halten sie sich eher am Rande des Platzes auf. Also versucht Marco es jetzt mehr in den Randbereichen. Er überwirft den Platz und dirigiert den Köder von außen zum Futterplatz. Mit hoch erhobener Rute und möglichst straffer Schnurverbindung zur Pose manövriert er den Köder über große Entfernung sehr genau am Futterplatz entlang. Dieses zielgenaue Steuern der Montage und damit des Köders ist etwas, was die Bolognese-Technik dem Angeln mit der Matchrute voraus hat. Mit der kurzen Matchrute besitzt man keinen ausreichenden Hebel, um die Montage zu führen. Und bei größerer Gewässertiefe müsste man mit einer Laufpose angeln. Beim Versuch, sie zu dirigieren, würde man die Schnur durch die Pose nach oben ziehen. Dadurch würde der Köder außer Kontrolle geraten.

Mais fängt meistens die etwas größeren Fische. Aber wenn zu viele kleine Gierhälse am Platz sind, gelingt das Selektieren nicht so ganz.

Wachsam bleiben

Mit der Bologneserute bleibt jedoch alles unter Kontrolle. Der Köder sucht planmäßig den Randbereich des Futterplatzes ab – und wird genommen. Wieder eine Güster – mit etwas Phantasie ein Stück größer als die anderen. Dann die nächsten Fänge, und zwischendurch sind auch schon mal ein paar etwas größere Brassen dabei. Richtig große Fische wollen sich aber heute wohl nicht einstellen. Vielleicht ist der Druck durch die vielen kleinen Fische zu stark und die größeren kommen gar nicht zum Zuge. Während Marco einen Fisch nach dem anderen fängt, plaudern wir noch ein bisschen über Rotaugen, Brassen und Co. Als er gerade wieder die Rute anhebt, um einen der üblichen Verdächtigen zu fangen, zerrt es plötzlich heftig an der Rute, ein Ruck – und der Fisch ist weg. Anlass für einen wichtigen Tipp: Beim Bologneseangeln nie in Automatismus verfallen! Man neigt zwar nach 20 kleinen Fischen dazu, lässig zu werden, aber der nächste Fisch kann immer ein großer sein.

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