Fischen mit (fast) vergessenen, ungewöhnlichen Ködern

Manch einer von Ihnen wird fragen,was meint er denn wohl damit? Eigentlich ist es nur eine Auswahl dessen,was mir im Laufe der Zeit(immerhin fische ich seit fast 40 Jahren) begegnet ist.

Man kann eindeutig feststellen,daß dabei in jüngerer Vergangenheit ganz sicher eine über- proportionale Zunahme an ungewöhnlichen Ködern stattgefunden hat. Dafür gibt es meines Erachtens auch eine logische Erklärung.Es hat wohl etwas mit dem, in der Regel heute praktizierten Spezialistentum zu tun.Die krassen Abgrenzungen in Raubfischangler, Spinnfischer,Stipper oder Karpfenangler hat es in dieser Klarheit und Deutlichkeit früher nicht gegeben. Gewiß,auch mein Opa ging vor 40 Jahren zum Hechtangeln. Genausogut praktizierte er aber auch das Friedfischangeln oder er saß auf Karpfen an.Es ist wohl so,die Angler früherer Tage waren Allrounder,die Angler in der heutigen Zeit dagegen betreiben vermehrt selektives Fischen. Außerdem werde ich manchmal das Gefühl nicht los,daß die Fische früher dümmer gewesen sein müssen als heute.Wenn ich noch einmal nachvollziehe,mit was,zum Teil abenteuer- lichen Gerätschaften mein Opa zum Fischen gegangen ist,so habe ich im Nachhinein noch größte Hochachtung davor,was er vom Wasser mit nach Hause gebracht hat.So benutzte er beispielsweise zum Hechtfischen eine Spinnrute aus gesplisstem Tonkin-Rohr,ca.2 mtr lang, dazu eine Multi-Rolle mit 35 er geflochtener Schnur.Das war eine Rolle,mit der unsereins vermutlich heute den Köder bestenfalls direkt vor den Füßen placieren würde aber ganz sicher keine kontrollierten Würfe zustandebringen könnte. Dazu der gute alte Heintz-Blinker(wer kennt den überhaupt noch?) Die Annahme,die Fische seien früher dümmer gewesen als heute,ist natürlich Quatsch.Mit etwas Nachdenken kann man schon Erklärungen dafür finden,daß in früherer Zeit die Fänge nicht schlechter waren als heute,trotz Gerätschaften,wo heute jeder Angler die Hände über dem Kopf zusammenschlagen würde,sollte er damit ans Wasser geschickt werden. Es hat wohl sehr viel mit der Anzahl der Angler und somit mit der Befischungs-Frequenz der Gewässer zu tun.Vor 50-60 Jahren waren Angler Außenseiter,die sich in kleinen Gruppen zusammenfanden um ihrem Hobby nachzugehen.Heute ist die Angelei Breitensport,mit ständig zunehmender Tendenz.Früher konnte man die Angler in Tausenden rechnen, heute sprechen wir von Millionen. Was bedeutet das jetzt für die Gewässer und die Fische.Nun,es macht natürlich einen Unterschied,ob ein Gewässer wie damals,von 20 Anglern oder von 2000 Anglern befischt wird. Nicht nur die Tatsache,daß es vermutlich heute weniger Fische in unseren Gewässern gibt als vor einigen Jahrzehnten,nein auch auch der Grad der Befischung tut einiges dazu. D.h.,wenn heute in einem Gewässer jeder Karpfen bereits dreimal am Haken war,so muß man sich schon einiges einfallen lassen um ihn auch ein viertes Mal an den Haken zu bringen.Früher hatte er keine Chance,ein zweites mal an den Haken zu gehen,da er,in weitaus größerem Maße als heute, dazu gedient hätte,den Speisezettel der Hausfrau zu erweitern.Auch Brassen und Rotaugen landeten damals in der Küche und nicht wieder im Wasser. Ich denke, man sollte auch den Fischen die Fähigkeit Erfahrungswerte zu sammeln, nicht vor- enthalten.Das bedeutet,daß heute Inovation bei der Ködergestaltung gefragt ist,in weitaus größerem Maße,als dies früher nötig gewesen war. Lassen Sie uns also darum ein wenig über die fast vergessenen Köder der Vergangenheit plaudern.Möglicherweise taugt ja auch der eine oder andere Köder auch noch für die heutige Zeit.Man müsste es vielleicht nur einmal wieder probieren. 1.Maus-Wobbler Mein Opa besaß einen Wobbler,der einer Maus täuschend ähnlich gestaltet war.Er verfügte sogar über ein entsprechendes Fell.Zwei Drillinge waren an der Unterseite des Köders angebracht.Desgleichen besaß dieser Wobbler-um die Imitation zu komplettieren, einen Schwanz.Mit diesem Wobbler konnte man Hechte fangen,er und auch ich.Ich habe mir den Wobbler des öfteren „ausgeborgt“,wenn ich mit Freunden nach der Schule zum Angeln,nein besser gesagt zum „Schwarzangeln“ gegangen bin.Nein,jetzt bitte nicht den Stab brechen,so sind viele andere auch zum Angeln gekommen.Es gab damals noch Gewässer die nicht befischt wurden von Vereinen oder anderen Institutionen.Das waren „unsere Gewässer“.Eine einteilige Bambusrute mit selbstmontierten Ringen,dazu eine Nottingham-Rolle,die man zum Wurf quer zur Längsachse drehen konnte,damit zogen wir los.Wir waren mit dem Maus-Wobbler sehr erfolgreich.Hechte von 3-6 Pfd.haben wir regelmäßig damit gefangen obwohl man mit diesem Geschirr nicht gerade weite Würfe tätigen konnte.Wenn wir auf 10-15 m kamen,waren wir schon sehr zufrieden. Das ganze ging auch solange gut,bis eines Tages eine etwas beleibtere Hechtdame Appetit auf den Wobbler verspürte.Um es kurz zu machen,die wenige Schnur auf der Rolle war rasend schnell abgezogen,was blieb war lediglich das Geräusch,was wohl jeder schon einmal vernommen hat.Mit Rolle und Rute allein ging es nach Hause. Meinen Opa konnte ich nicht sonderlich mit der Schilderung des aufregenden Drills beeindrucken,der Verlust des Wobbler tat ihm schon weh.Was blieb also,das gesamte Taschengeld zusammenkratzen und einen neuen kaufen.So hatten wir dann also beide einen entsprechenden Verlust zu verschmerzen. 2.Köcherfliegen-Larven Begonnen hat meine Angelleidenschaft(die erbliche Vorbelastung einmal außen vor), daß ich mit Freunden nach der Schule meistens zum Angeln ging.Es gab in Schwerte den „Strang“,ein Gewässer,welches in meiner Jugendzeit ca.5-6 m breit und bis zu 2m.tief war.Leider ist der Strang heute zu einem Rinnsal verkommen,durch Veränderungen im Wasserschutzgebiet der Dortmunder Stadtwerke.Es gab bei Gut Ruhrfeld auch ein kleines Stauwehr,an dem wir Rotaugen,Döbel und Barsche fingen.An diesem Stauwehr konnten wir unsere Köder“ernten“.An den Spundwänden dieses Wehres saßen die Köcherfliegen-Larven,die man nur Einsammeln brauchte.Wir setzten sie in ein Einmachglas mit Wasser und hatten somit immer frische Köder. Sprock wäre auch heute noch für mich der Top-Köder zum Angeln auf Rotaugen, Brassen,Forellen und Döbel-aber,versuchen Sie diesen einmal zu finden. Die Köcherfliegen-Larve stellt ganz besondere Anforderungen an die Wasser-Qualität,die heute nicht alle Gewässer erfüllen können. Wir habe mit diesem Köder als Kinder überwiegend geangelt und hervorragende Fänge gemacht.Ich kann mich noch sehr gut an einen Tag erinnern,an dem ich mit meinem älteren Bruder an eben diesem Wehr stand und wir Rotaugen fingen,von denen keines leichter als 1 Pfd.war,manche sogar nahe 2 Pfd. So ein Rotaugenangeln habe ich später nie wieder erleben können.Zum Schluß hatten wir über 30 Stück in dieser Größenordnung.Unsere Oma hat sie gebra- ten und sauer eingelegt. Ich kann jedem nur empfehlen,schauen Sie sich an ihrem Gewässer intensiv um. Sollte ihr Fluß oder See über diese interessanten Baumeister der Natur verfügen, angeln Sie damit.Es gibt nach meinem Dafürhalten nichts besseres zum Weißfischfang,wenn der Köder in dem von Ihnen beangelten Gewässer vorhanden ist. 3.Heuschrecken Auch Heuschrecken oder auch Heupferdchen gehörten früher zu unserem Köder-Sortiment.Wir fingen damit große Barsche,Rotfedern und auch bisweilen Schleien.Wenn in Zeiten großer Sommerhitze so gut wie nichts beißen wollte,holten wir uns aus den Wiesen die massenhaft vorhandenen Heupferdchen.Damit konnte man dann immer wieder noch Fische überlisten.Auch heute noch greife ich in den Sommermonaten schon einmal gerne darauf zurück.Und zwar dann,wenn es mich gelegentlich mal an einen Forellenteich verschlägt.Mit kleiner Wasserkugel an einem 2 m. langen unbebleiten Vorfach an der Oberfläche angeboten,bewirkt dieser Köder mitunter Wunder.Wenn man die Forellen in Schwärmen an der Oberfläche bei Hitze ziehen sieht,ist dies manchmal die einzigste Möglichkeit,sie zum Anbiß zu verleiten.Aber bitte,töten Sie die Heupferdchen,bevor Sie sie an den Haken bringen. 4.Holunderbeeren Wenn ich bisweilen,was leider aber viel zu selten vorkam,mit meinem Großvater ans Wasser durfte,lernte ich vieles über die Angelei.Ich glaube,daß die älteren Angler weitaus besser dazu in der Lage waren,ein Gewässer zu „lesen“,als wir das heute noch können.Vielleicht versuchen wir es ja aber auch erst gar nicht. Meistens ist gerade die Beobachtung eines Gewässers der Schlüssel zum Erfolg. An einem schönen Tag in den Herbstferien durfte ich mit meinem Opa an die Ruhr gehen.Damals war die Ruhr noch unbegradigt und auch das Wehr in Villigst ex- istierte noch nicht.Als wir durch die Wiesen der Ruhr zustrebten,fragte ich ihn, was er denn zu fangen beabsichtige.Er antwortet mir,“Döbel“.Ich war also gespannt auf das was kommen sollte.An der Ruhr angekommen suchte er sich ei- nen Platz nahe bei einigen Holunder-Sträuchen,deren weitausladenden Äste noch ein gutes Stück über das Wasser reichten.“Geh“,sagte „er und pflücke einige von den Stauden ab und bring sie her“.Gesagt getan,ich holte also einige Stauden und brachte sie ihm.“Streife sie ab und wirf Einzelne davon in regelmäßigen Abständen ins Wasser“,meinte er.Wir saßen ca. 5-6 m.vom Holunder-Busch entfernt und ich tat so wie er es mir gesagt hatte. Dann bereitete er sein Gerät vor und köderte 5-6 von den Beeren an einen Haken Größe 10.“Und damit willst du Fische fangen?“,fragte ich ihn ungläubig. „Wirst schon sehen!“,sagte er lediglich.Er ließ den beköderten Haken mit einer winzig kleinen Korkpose flußabwärts direkt unter die überhängenden Zweige treiben.Die Pose war schon fast unter dem Busch durch,als der Schwimmer schlagartig nach unten gezogen wurde.Noch bevor ich meinen Opa darauf hinweisen konnte,hatte er auch schon angeschlagen und der Fisch saß.Er zog zur Mitte stromaufwärts und entfernte sich vom Angelplatz.Das ist das schöne beim Döbelfischen.Wenn man bei anderen Fischarten Energie darauf verwenden muß, sie vom Angelplatz wegzuführen,besorgt dies der Döbel meist von allein. Nach kurzer Zeit konnte ich dann den müdegedrillten Fisch keschern.Ein schöner Brocken,gut und gerne 3 Pfd.schwer.Noch zwei weitere Fische gab diese Stelle her,nur geringfügig kleiner als der Erste.“Siehst du“,sagte mein Opa,“auch damit kann man Fische fangen.Ich war doch eingermaßen verblüfft, kannte ich doch bis zu diesem Zeitpunkt Holunderbeeren doch nur als Gelee. Mein Opa hatte sich lediglich das natürlich vorkommende Köderangebot zu Nutze gemacht und damit seinen Fangerfolg begründet.Mit Kirschen auf Döbel zu fischen,das ist ja keine Welturaufführung aber mich würde schon interessieren,wer es auch schon einmal mit Holunderbeeren versucht hat.Viele wer- den es bestimmt nicht sein. 5.Aalangeln mit Leber Wenn mein Opa zum Aalangeln ging,so kaufte er sich in der Regel ein Stück Schweineleber beim Metzger.Damit hatte es eine ganz besondere Bewandnis. Es gab in Schwerte eine Stelle,wo man mit diesem Köder überaus erfolgreich sein konnte.In der Nähe des heutigen Bootshauses,an der Ruhrschleife,gab es einen Einlauf,der gespeist wurde, vom damals noch betriebenen -städtischen Schlachthof.Allerdings wurde die Einleitung der Abwässer des Schlachthofes durch entsprechende Emmissionsvorschriften Anfang der 60.er Jahre gestoppt. Solange dieser Einlauf aktiv war,konnten an diesem Platz Aale,Barben und Döbel mit diesem Köder in großen Stückzahlen gefangen werden. Vor allen Dingen der Aal war nahezu versessen darauf.Schneider zu bleiben war äußerst schwierig.Immer wieder brachte mein Opa dicke Aale mit nach Hause. An diese Geschichten hatte ich mich erinnert,als ich auch mal wieder auf der Suche nach dem ultimativen Aalköder war.Zwar war der Einlauf des Schlachthofes bereits seit mehr als 20 Jahren versiegt,jedoch die Methode erschien mir nachahmenswert. Meine Überlegungen gingen in folgende Richtung.Der Aal ist in der Lage über größte Entfernungen Spuren von Blut im Wasser zu orten.Das wollte ich mir zunutze machen.Ein Stück Schweineleber gekauft und ab zum Wasser. In eine ausrangierte Wurmdose kamen kleingeschnittene Leberstücke und ein Stein als Gewicht,diese wurde an eine geflochtene Schnur gebunden und ober- halb meines Angelplatzes versenkt.Dann warf ich meine zwei,mit Leber beköderten Angeln aus und harrte der Dinge die da kommen sollten.Nach etwa einer halben Stunde meldete sich mein elektronischer Bißanzeiger das erste Mal.Sicher konnte ich den Aal von ca.300 g landen.Nach weiteren 4 Aalen,wovon der größte ca. 1Pfd.wog ließen die Bisse nach.Ich beschloß den Lockköder zu erneuern und tatsächlich,er war durch das Wasser ausgelaugt.Mit frischem Lockköder setzten auch die Bisse wieder ein.Weitere 3 Aale fanden sich in meinem Eimer ein.Nun beschloß ich etwas anderes zu versuchen.Ich erneuerte den Lockköder erneut aber beköderte meine Angeln mit Tauwürmern statt mit Leber. Ich konnte keine Veränderung im Beißverhalten der Aale feststellen,denn auch mit Tauwurm gelang es mir,noch weitere 3 Aale zu landen.Alles in allem konnte ich an diesem Abend 11 Aale fangen.Ich glaube,nicht zuletzt deswegen,weil es mir durch den ins Wasser eingebrachten Lockstoff gelang,die Aale zu aktivieren und an meinen Angelplatz zu locken.Die Methode macht meines Erachtens aber nur am Fließgewässer Sinn,im stehenden Gewässer hat sie bei meinen Versuchen versagt.Hier ist man sicher besser beraten, unterschiedliche Stellen anzuwerfen oder ggf.sogar den Angelplatz zu wechseln,da die Lockwirkung durch das stehende Gewässer nur örtlich sehr begrenzt wirkt.Versuchen Sie es vor allem im zeitigen Frühjahr,wenn das natürliche Nahrungsaufkommen im Gewässer noch relativ gering ist. Vielleicht kennt jemand von euch ebenfalls nicht alltägliche Köder mit denen er schon erfolgreich war,es würde mich sehr interessieren etwas darüber zu hören. Bernhard Stirnberg,Schwerte vor Mai 2009


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