Praxis Karpfen: Kleine Kugeln für große Karpfen (fängige Miniboilies)

Jeder Fisch auf die kleinen Boilies ließ das Vertrauen wachsen.

Kevin Borgmans mag die Kleinen. Nein, nicht kleine Karpfen, sondern kleine Boilies. Warum? Weil die großen Karpfen so richtig darauf abfahren. Hier berichtet er von seinen Erlebnissen, die ihn zum Fan der kleinen Kugeln gemacht haben.

Die Zeit Läuft

Aus Zeitmangel war ich Anfang der Saison gezwungen, mir die fürs Angeln zur Verfügung stehende Zeit besser einzuteilen und die kurzen Sessions optimal zu nutzen. Vorher fischte ich immer mehrere Nächte unter der Woche, aber nun war mehr als eine Nacht am Wochenende und die dazugehörigen Abendstunden nicht drin. Steht nur wenig Zeit zur Verfügung, ist eine völlig andere Herangehensweise erforderlich. Auch wenn ein perfekt funktionierendes Rig wichtig ist, richtete ich mein Augenmerk vornehmlich auf die Köder.

Jeder Fisch auf die kleinen Boilies ließ das Vertrauen wachsen.

Wer häufig lange Ansitze unternimmt, wird selten ohne Fisch nach Hause gehen. Steht allerdings nur wenig Zeit zur Verfügung, muss man seine Taktik überdenken und Anpassungen vornehmen, um einen Karpfen zu fangen. Besonders dann, wenn es sich um ein möglichst großes Exemplar handeln soll. Da ich beruflich kontinuierlich mit der Entwicklung von Ködern beschäftigt bin, war es natürlich für mich sehr interessant, den Aspekt Baits genauer unter die Lupe zu nehmen. Die Phase, in der ich mit den Tests der Gulp! Carp-Produkte beschäftigt war, hat mir sehr viel gebracht, und das dabei erworbene Wissen hilft mir bei jeder Session. Bei den Aquarien-Versuchen im Labor stellten wir fest, dass Karpfen bestimmte Farben oder Farbkombinationen bevorzugen. Außerdem gibt es Futtersorten, denen sie überhaupt keine Beachtung schenken. Was mir besonders auffiel, war die Tatsache, dass einige unserer Versuchskarpfen kleinen Futtersorten eindeutig den Vorzug gaben. In diesem Fall kleinen Boilies!

Kleine Köder brachten bei Aquarien-Tests bessere Resultate.

Noch vor einiger Zeit setzte ich immer auf 20-Millimeter-Boilies. Ich fing meine Fische und verfuhr nach dem Motto „never change a winning team“. Es war ja offensichtlich nicht notwendig, Köder in anderen Größen auszuprobieren. Aber nachdem ich die Karpfen im Aquarium beobachtet hatte, begann ich, mit 12-Millimeter-Boilies zu experimentieren. Die erste Reaktion meiner Angelkollegen auf meine kleinen Köder fiel eindeutig aus: „Mit den Dingern fängst du nur kleine Fische.“ Ob diese Meinung wirklich zutreffend war, konnten wir bei unseren Aquarienversuchen nicht beweisen. Aber ich hatte mich dazu entschlossen, die kleinen Kugeln einem gründlichen Praxis-Test zu unterziehen. Im Nachhinein hätte ich die kleinen Boilies schon viel früher einsetzen müssen. Aber wer verwendet schon regelmäßig diese Köder, die ein Albtraum für jeden Angler sind, der seine Kugeln selbst dreht? Wenn man auf kleine Boilies wechselt, muss man sich bewusst machen, dass ein Kilo Futter nicht mehr aus etwa 200 Kugeln besteht (bei Boilies in den Durchmessern 18 oder 20 Millimeter), sondern mindestens aus der doppelten Menge. Die an der Futterstelle fressenden Karpfen müssen also im Extremfall doppelt so viele Boilies einsaugen, bis sie auf den Hakenköder stoßen. Das ist kein unwichtiger Punkt, der allerdings häufig außer Acht gelassen wird. Wie es sich für einen eingefleischten Karpfenangler gehört, ist man bei den ersten Sonnenstrahlen im Frühjahr ganz scharf darauf, die im Winter ausgeklügelten Theorien in die Praxis umzusetzen. Vom guten Wetter motiviert, karrte ich Ende März mein Tackle ans Wasser und hoffte, möglichst schnell überprüfen zu können, ob meine neue Taktik funktionierte. Ich versuchte, meinen Köder so attraktiv wie möglich zu machen. Dafür verwendete ich einen Dip und einen Attraktor. Davon versprach ich mir, auch passive Fische, die sich in der Nähe meines Futterplatzes befanden, zum Fressen animieren zu können.

Auf der Suche nach den Karpfen. Wo sie sich nicht aufhalten, kann man sie auch nicht fangen.

Trotz des warmen Wetters hatte sich das Wasser noch nicht so stark erwärmt und die Fische waren noch nicht so aktiv. Deshalb suchte ich in die erste Stunde lang den See nach guten Stellen und fressenden Karpfen ab. Danach sollte die Entscheidung fallen, wo ich mein Gerät aufbauen würde. Weil ich nur ein paar Stunden Zeit hatte, mussten diese optimal genutzt werden. Man kann mit dem besten Köder der Welt angeln – wo keine Fische sind, kann man auch keine fangen. Das gilt besonders für die Phasen, in denen die Karpfen nicht so aktiv sind. Bei meinem Rundgang ums Gewässer konnte ich nur wenig Bewegung ausmachen. Auf halbem Weg erspähte ich dort, wo die Sonne aufs Wasser schien, einen Schatten, der sich träge durchs Wasser schob. Ein Karpfen? Ich war mir nicht sicher, aber da dies die einzige Fischsichtung bleiben sollte, beschloss ich, mein Glück an diesem Platz zu versuchen.

Ab in den Beutel

Aufs Haar zog ich einen einzelnen 12-Millimeter-Boilie (Berkley Gulp! Carp Fresh Fruit One). Den Haken stach ich in einen mit Boiliestücken gefüllten PVA-Beutel. Außerdem enthielt der Beutel Attraktor und Dip im Verhältnis 2:1. Zusätzlich verteilte ich noch 15 kleine Boilies auf einer Fläche von etwa 20 Quadratmetern. Obwohl das Wasser noch recht kalt war, bekam ich überraschend schnell einen Run und konnte nach kurzem Drill einen kleinen Schuppi landen. Als der Karpfen auf der Matte lag, musste ich feststellen, dass der Haken nicht ordnungsgemäß im Maul des Fisches hing. Nachdem der Karpfen seine Freiheit wiederbekommen hatte, machte ich mir Gedanken darüber, woran das gelegen haben könnte. War es vielleicht an der Hakengröße zurückzuführen? Weil ich lieber auf Nummer sicher gehe, machte ich einen kleinen Test. Ich holte eine Dose Micro Blend-Partikel aus dem Auto und fütterte etwa fünf Meter vom Ufer entfernt eine kleine Stelle an. Die Montage wurde mit einem neuen 12-Millimeter-Boilie bestückt. Vielleicht würden ja ein paar Brassen beißen. Dabei würde ich erkennen, ob der Haken richtig arbeitet. Nach ungefähr zwei Stunden hatte ich genug gesehen und beschloss, die Hakengröße zu ändern. Wenn ich mit herkömmlichen 20-Millimeter-Boilies angle, verwende ich fast immer den JRC Connect 2-Haken in Größe 6. Normalerweise verrichtet dieses Modell seinen Dienst tadellos, aber nachdem ich bei den Brassen einige Fehlbisse zu verzeichnen hatte, entschloss ich mich für einen Haken der Größe 8. Nun ging die Fehlbissquote bei den Brassen drastisch zurück.

Ein Kilo-Beutel mit 12-Millimeter-Boilies beherbergt deutlich mehr Kugeln als ein Kilo 20er Boilies.

Nachdem ich diese Erkenntnisse gesammelt hatte, beendete ich das Angeln für diesen Tag. Ich hatte relativ schnell einen Fisch fangen können und außerdem einen Schwachpunkt meiner Montage ausgemerzt. Diese Session verdeutlicht sehr gut, dass man innerhalb kurzer Zeit viele wichtige Informationen sammeln kann.

Farblicher Kontrast

Aber auch ein anderer Gedanke beschäftigte mich: Nämlich das Anfüttern mit zwei unterschiedlichen Boilie-Sorten. Bei den Aquarien-Tests war deutlich erkennbar gewesen, dass nicht jeder Fisch auf jede Köderfarbe reagierte. Ich beschloss, es mit Pineapple Fever und Fresh Fruit One zu versuchen. Diese zwei Sorten sind sich geschmacklich sehr ähnlich und wurden durch Dippen noch einander angepasst. Farblich unterscheiden sich die Kugeln allerdings sehr stark. Die Pineapple Fever-Kugeln sind gelb, die Fresh Fruit One-Boilies hingegen haben eine rote Farbe. Das ist genau das, was ich wollte: zwei Köder, die im Geschmacksspektrum nebeneinander anzusiedeln sind, aber sich optisch komplett unterscheiden. Viele Angler würden niemals mit zwei farblich unterschiedlichen Boiliesorten anfüttern. Aber ich sah das als meine große Chance an. Einige Wochen später hatte ich ein paar Kurzsessions hinter mich gebracht – mit guten Resultaten. Mir war nun klar, dass die Taktik, mit zwei Sorten kleinen Boilies zu fischen, nicht so verkehrt sein konnte. Und endlich hatte ich auch einmal genug Zeit, ein komplettes Wochenende am Wasser zu verbringen. Es war mittlerweile Mitte Mai, und ich hatte bis dahin noch keine komplette Nacht gefischt. Ich war mit zwei Angelkollegen verabredet. Nach meiner Ankunft am See machte ich mich erst einmal auf den Weg zu den Jungs. Sie hatten bereits zwei Nächte gefischt, aber die Resultate waren nicht so wie erhofft. Wir unternahmen zusammen einen Rundgang um das Gewässer, bei dem wir ab und zu einen Fisch ausmachen konnten. Aber sonst fiel uns nichts Spektakuläres auf. Nach der Erkundungstour entschieden wir uns schnell, wo wir sitzen wollten. Zuversichtlich belud ich meinen Trolley, karrte mein Tackle zum Platz und baute auf. Gegen Mittag frischte der Wind auf. Schnell räumten wir alles zusammen und machten uns auf ein Unwetter gefasst. Kurze Zeit später zuckten die Blitze am Himmel. Ich hoffte inständig, dass jetzt kein Biss kommen würde. Das Gewitter war gerade vorübergezogen, da hörte ich bei Pascal, der etwa hundert Meter entfernt saß, einen Bissanzeiger kreischen. Schnell eilte ich ihm zur Hilfe. Aber als ich bei ihm angekommen war, hatte er den Fisch schon verloren. Ich ging zurück zu meinem Platz und baute das Stativ auf, um ein paar Fotos zu machen. Genau in dem Moment, als ich mein Rod Pod im Sucher der Kamera betrachtete, lief die mittlere Rute ab. Sofort griff ich nach der Rute. Der Fisch riss Schnur von der Rolle und fühlte sich richtig schwer an. Ich war sicher, einen guten Fisch gehakt zu haben. Nach einer Viertelstunde zeigte sich ein dicker Spiegler an der Wasseroberfläche. Die Spannung war groß, nicht nur bei mir, sondern auch bei den Zuschauern, die sich an meinem Platz versammelt hatten. Pascal und ich beteten darum, dass der Fisch nicht verloren ginge. Als ich den Fisch schließlich in den von Pascal gehaltenen Kescher gelotst hatte, fiel uns ein Stein vom Herzen.

Ein 52-Pfünder – dank der 12-Millimeter-Kugeln.

Wir schauten uns an und grinsten. Denn wir wussten, dass da ein richtiger Brocken im Netz lag. Vor ein paar Stunden hatte ich noch gewitzelt: „Ob die Waage bis 27 Kilo wohl ausreicht?“ Und nun standen wir beisammen und sahen, wie der Zeiger über die 25-Kilo-Markierung ging und sich bei einem Gewicht von 26,2 Kilo einpendelte. Während Pascal mit der Fotosession begann, kam auch JRC-Teamangler Jan Mertens dazu. Kurze Zeit später setzte ich den gewaltigen Fisch zurück. Eine Viertelstunde später hatte ich den nächsten Fisch am Haken, diesmal einen Spiegler von 24 Pfund. Das Vertrauen in meine Strategie wuchs mit jedem gefangenen Fisch. Als die Nacht kam, kuschelte ich mich zufrieden in den Schlafsack. Am Morgen musste ich erst einmal einen Blick auf die Fotos der Digitalkamera werfen, um mir klar zu machen, dass ich das alles nicht geträumt hatte. Ein paar Stunden später war die Temperatur schon auf 28 Grad angestiegen, und die Karpfen zogen knapp unter der Wasseroberfläche umher. Mit Hilfe eines Bootes versuchte ich, die Fische ausfindig zu machen, was mir nach einigen Minuten auch gelang. Aber auf Futter reagierten sie nicht. Selbst Brotstücke ließen sie absolut kalt. Jan und Pascal konnten an diesem Wochenende noch ein paar schöne Karpfen bis 18 Kilo fangen. So fuhren wir mit einem guten Gefühl nach Hause.

Gute Ergebnisse

Anfang August fischte ich noch eine Nacht, die mir ein weiteres Mal zeigte, dass ich mich auf dem richtigen Weg befand. Noch vor der Abenddämmerung bestückte ich die rechte Rute mit einem Fresh Fruit One in 20 Millimeter, an die linke Rute kam eine Kugel in der gleichen Geschmacksrichtung, allerdings in 12 Millimeter. Zusätzlich fütterte ich noch ein paar kleine Kugeln mit dem Aroma Pineapple Fever an. Wo die rechte Rute lag, verteilte ich zusätzlich ein paar 20- Millimeter-Boilies. Es dauerte nur eine Stunde, da brachte mir die linke Rute einen schönen Schuppi von knapp 31 Pfund. Ein toller Auftakt an einem schwierigen Gewässer. In der Folgezeit brachte diese Rute noch zwei weitere Fische bis 28 Pfund. Am Platz mit den großen Boilies blieb es ruhig, aber am Morgen verrieten die Fische ihre Anwesenheit durch Blasen, die am Futterplatz aufstiegen. Ich beschloss nun, auch an diesem Platz mit kleinen Boilies und ohne viel Futter anzugreifen. Es dauerte nur knapp zwei Stunden, da brachten die kleinen Kugeln mir einen 21-Pfünder. Bei den nächsten Sessions konnte ich insgesamt 48 Karpfen fangen, von denen 34 auf die kleinen Boilies hereinfielen. Auch das Durchschnittsgewicht der Kleinköder-Fans war deutlich höher als das der Karpfen, die auf die großen Kugeln hereinfielen. Ich bin überzeugt, dass ich mit dieser Methode in Zukunft noch viele große Karpfen fangen kann. [box_image_title imageurl=“/content/uploads/17112/Daiwa-Windcast-Carp-3.0lb-3.90m-10727.XL_.jpg“ title=“Unsere angeln.de-Kaufempfehlung“] Dünn, schnell, zielgenau und grosse Kraftreserven – das sind die Merkmale dieser Karpfenruten-Serie von DAIWA. Der schlanke Kohlefaserblank aus „Woven“ Kohlefaser macht nicht nur optisch einen hervorragenden Eindruck – kann man doch enorme Wurfweiten mit diesen Ruten erzielen. HIER geht’s zum Angebot [/box_image_title]

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